REDEN

 

Rede zum Ostermarsch 2005 - Platz der Opfer des Nationalsozialismus
26. März 2005 München
Martin Löwenberg, VVN/BdA Landesvorstand

Redebeitrag zum Auftakt

Als erstes möchte ich mich bei dem Veranstalterkreis des Ostermarsches bedanken, dass 60 Jahre nach der Befreiung Europas vom deutschen Faschismus und Krieg die diesjährige Auftaktkundgebung hier – am Platz der Opfer des Nazionalsozialismus – stattfindet, und ich als Verfolgter des Naziregimes sprechen kann. Ich gehöre zu den Überlebenden des Naziterrors, die sich nach ihrer Befreiung das Gelöbnis gaben: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg.

Hinter uns lag ein Meer aus Blut und Tränen mit 55 Mio Toten, ebensoviele zeitlebens Behinderter. Viele Städte waren verwandelt in eine Trümmerlandschaft, darunter auch Hunderttausende Zivilisten, Frauen und Kinder, zerfetzt, verbrannt, erstickt. Angesichts der Vernichtung und Verwüstung, des millionenfachen Todes und der Not hatte ich in meiner damaligen Naivität geglaubt: Jetzt kann und darf es nur noch den ewigen Weltfrieden geben!

Ich unterstreiche gerade hier an diesem Ort: Für uns überlebende Verfolgte der Nazibarbarei ist der Satz „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg.“ Ein Satz, dessen beide Teile untrennbar miteinander verbunden sind. Dabei lassen wir uns von der geschichtlichen Erkenntnis leiten, dass es Ausschwitz und die anderen Vernichtungslager, viele KZs ohne den Krieg der Nazis nimals gegeben hätte.

Da in den folgenden Redebeiträgen auf dem Marienplatz über die gegenwärtige Militarisierung und Kriegspolitik – bei gleichzeitigem Sozialabbau – eingegangen werden wird, will ich in meinem Beitrag darüber nichts sagen und sattdessen zurückblicken:

Der diesjährige Ostermarsch in München steht unter dem Motto: „Unsere Vision: Abrüstung, Demokratie und soziale Gerechtigkeit!“


Unsere Vision vor 60 Jahren, die Vision von einem demokratischen Neuaufbau, wurde formuliert in den „4 Des“, wie es damals hieß, für die Konsens bestand unter Antifaschisten:

  1. Demilitarisierung aller Bereiche des öffentlichen Lebens als Lehre aus zwei Weltkriegen in drei Jahrzehnten, die von Deutschland ausgingen, d. h. Ausschaltung von Strukturen des „Befehl und Gehorsam“ z. B. in der Erziehung, der Arbeit, der Verwaltung und in den Köpfen.

  2. Denazifizierung, also Zerschlagung des Nazismus mit seinen Wurzeln, d. h. Auflösung aller Naziorganisationen, Abschaltung des Einflusses aktiver Nazis aus allen gesellschaftlichen Bereichen, aber auch des ideologischen Einflusses, also Entnazifizierung in den Köpfen durch aktive Aufklärungsarbeit.

  3. Demonopolisierung, also Entflechtung der großer Unternehmen als eine Wurzel des Faschismus, die nachweislich eine große Mitschuld an der Errichtung und Stabilisierung faschistischer Herrschaft hatten, beinhaltet nicht nur die Entflechtung marktbeherrschender Unternehmen, sondern auch die Sozialisierung der Schlüsselindustrien, der Banken.

  4. Demokratisierung und zwar aller Bereiche der Gesellschaft, also nicht nur den Staat betreffend, sondern auch die Wirtschaft bzw, die Betriebe und eine umfassende Mitsprachemöglichkeit der Bevölkerung in allen wichtigen Fragen und Entscheidungen sowie unveräußerliches Menschenrecht für jeden Einzelnen; Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit.

Diese vier Grundforderungen des antifaschistischen Konsens befanden sich weitgehend in Übereinstimmung mit den Zielen der alliierten Anti – Hitler – Koalition, formuliert z. B. in der Vereinbarung des Potsdamer Abkommen vom August 45. Es bestand also die große Chance zur Umsetzung dieser damaligen politischen Forderungen bzw. Visionen.

Zu diesen vier Hauptpunkten kam noch die daraus abgeleitete Forderung nach sozialer Gerechtigkeit. Insbesondere Antifaschisten hatten nicht vergessen, dass die soziale Ungerechtigkeit vor 1933, die hohe Arbeitslosigkeit, Not und Verelendung Nährboden für die Anfälligkeit von Teilen der Bevölkerung für faschistische Ideologien gewesen waren. Zu dieser geforderten Sozialstaatlichkeit gehörte vor allem das Recht auf Arbeit und auf Wohnung.

Der bereits genannte antifaschistische Konsens beinhaltet aber nicht nur Forderungen für eine Neugestaltung Deutschlands durch den Aufbau einer antifaschistischen Demokratie, auch das Zusammenleben der Völker und Staaten sollte auf eine neue, friedliche Basis gestellt werden. Den Antifaschisten von 1945 war klar, dass nur noch ein friedlicher Interessensausgleich zugelassen werden dürfe und dass eine Form der internationalen Beziehungen entwickelt werden müsse, die den Krieg aus dem Leben der Völker verbanne. Zusammengefaßt, auf eine Formel gebracht, sagten wir nach der Befreiung: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg, für eine Welt des Friedens und der Freiheit.

Rückblickend muss leider gesagt werden: Die Grenzen der Realisierbarkeit all dieser von mir genannten Visionen wurde durch die bald eingetretenen Aufkündigung der Anti – Hitler – Koalition und in Folge durch die Bedingungen des Kalten Krieges gesetzt.

Zu den Gründen des Bruches der alliierten Anti – Hitler – Koalition kann ich hier und heute aus Zeitgründen nur im Telegrammstil sagen:

Es erstarkten und bestimmten insbesondere in den USA und Großbritannien jene Kräfte, die schon 1945 den Hauptfeind nicht im Faschismus, sondern in der Sowjetunion sahen. Ausdruck dieser Haltung ist der bekannte Spruch von Winston Churchill (Premierminister von Großbritannien), dass man das falsche Schwein geschlachtet habe. Diese These wurde mitgetragen von der Elite des Nazismus, die ja noch nicht zerschlagen war.

Die Folgen zunächst für die drei westlichen Besatzungszonen in Deutschland, ab 1949 für den westlichen Separatstaat namens BRD, war die Sicherung bzw. die Wiederherstellung alter Macht- und Besitzverhältnisse, die Westintegration und die Bestrebungen der Einbindung der BRD in die westeuropäische Union und in das westliche Militärbündnisses, namens NATO, das heißt konkret Wiederaufrüstung von Westdeutschland und somit die Spaltung Deutschlands.

Bundeskanzler Adenauer bot alsbald deutsche Truppen im Rahmen einer westeuropäischen Armee an. Ehemalige Hitleroffiziere erstellten Angriffspläne gegen die UdSSR. Westdeutschland sollte zur Sperrspitze gegen den Osten aufgerüstet werden.

Dagegen entwickelte sich eine breite Volksbewegung. Vom „OHNE MICH zum OHNE UNS! Besonders die Jugend und Frauen gehörten zu den Aktiven. Carlo Schmid, Vizepräsident des 1. Deutschen Bundestage, sagte: „Der Antimilitarismus ist die Weltanschauung der deutschen Jugend.“

Durch die Bildung örtlicher Friedenskonferenzen antimilitaristischer und pazifistischer Kräfte, über zahlreiche Landeskonferenzen, entwickelte sich durch diese Aktionen die westdeutsche Friedensbewegung, an deren Organisation wir, die VVN, von Anfang an sehr aktiv beteiligt waren.

Bei einer Volksbefragung: „Sind Sie gegen die Remilitarisierung und für einen Friedensvertrag mit Deutschland im Jahre 1951?“ wurden trotz Verbot durch die Adenauer – Regierung und Behinderung wurden in der BRD über 9 Mio. befragt; 94% in Westdeutschland und 96% in der DDR, wo die Befragung ebenfalls erfolgte, allerdings unterstützt von der dortigen Regierung, waren dafür.

Essen 11. Mai 1952 - Friedenskaravane der Jugend mit 30.000 Teilnehmern, unter ihnen Philipp Müller aus München, der – gerade 21jährig – von hinten von Polizeikugeln tödlich getroffen wurde.

Wie ging es weiter?

1954 Wehrgesetze im Grundgesetz

1955 Aufnahme der BRD in die NATO

1956 Wehrpflichtgesetz

Der Kampf gegen die Remilitarisierung hatte Anteil an der Verzögerung, da die Einführung der Wehrpflicht bereits für 1952 vorgesehen gewesen war. Leider wurden danach die Weichen gestell für die heutige militaristische Politik.

Fest steht für mich: Die Bundeswehr wurde nicht gegründet zur Landesverteidigung, zum Schutz der BRD, sondern um die Ergebnisse des 2. Weltkrieges rückgängig zu machen; konkret für eine Neuordnung Europas bis zum Ural (Adenauer), für die erste Schlacht an der Weichsel (Kurt Schumacher).

Auch nach der Integration der BRD in die NATO blieb das Thema Remilitarisierung auf der Tagesordnung. Natürlich gab es Perioden des Nachlassens der „Nie wieder Militarismus – Stimmung“, was insbesondere die Breite und Zahl der Friedensbewegung betraf, jedoch trat die oft als tot erklärte Bewegung immer wieder als große außerparlamentarische Kraft machtvoll und unüberhörbar in Erscheinung.

Aus Zeitgründen nenne ich stellvertretend die großen Protestaktionen 1957 gegen die geplante atomare Bewaffnung der Bundeswehr, an den Aufruf weltbekannter deutscher Wissenschaftler in ihrem „Göttinger Manifest“ dagegen, der eine breite Volksbewegung auslöst.

Ich will auch gerade heute an die bescheidenen Anfänge der Ostermarschbewegung 1960/61. Anfange waren wir nur wenige hundert Teilnehmer. Die Ostermärsche durch Wald und Feld hatten abgelegene Militärstandorte und Waffenlager zum Ziel. Höhepunkt war meines Erachtens 1983, als bei den Ostermärschen insgesamt in Westdeutschland über 750.000 Menschen teilnahmen. Noch heute singe ich sehr gerne den Refrain des wohl bekanntesten Ostermarsch – Liedes der 60ger Jahre: „Unser Marsch ist eine gute Sache, weil er für eine gute Sache ist.“

In all den vielen Jahren gab es Höhen und Tiefen in der Ostermarschbewegung. Für manche Wegbegleiter war die lange politische Talwanderung zu anstrengend, ebenso das Bemühen lichte Höhen zu erklimmen. Sie blieben zurück. Andere traten an ihre Stelle. Aber rückblickend von den Anfängen bis in die Gegenwart sage ich: Die Ostermarschbewegung war und ist jährlich die größten und breiteste Aktionsform der Friedensbewegung in der BRD.

Seit den 90ger Jahren wird verstärkt auf die militärische Karte gesetzt in Richtung einer militärischen Großmacht Europa. Wie formuliert doch im März 93 im „Spiegel“ der Begründer der „neuen Bundeswehr“ Generalinspekteur Klaus Naumann: „Es mache nur noch zwei Währungen in der Welt aus: wirtschaftliche Macht und die militärischen Mittel, sie durchzusetzen.“

Und seitdem heißt es in den verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehrführung bezüglich der Durchsetzung deutscher Interessen: „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu den Märkten und Rohstoffen in aller Welt“. In der vom deutschen Verteidigungsminister Struck 2004 verkündeten Heeresreform in Richtung Angriff- und Kolonialarmee steht: „Die Bundeswehr muß in der Lage sein bis zu 35.000 Soldaten an jeden denkbaren Ort der Welt zu schicken.“ Was ist unsere Antwort als Friedensbewegung zu solchen Vorhaben und der Beteiligung Deutschlands an Angriffskriegen? Für mich hat meine vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di auf ihrem letzten Bundeskonkress die richtige Antwort gegeben. Ich zitiere: „Wir sagen entschieden NEIN zum Krieg. Kein anderer Weg als der, der zivilen Konfliktlösung verspricht Erfolg. Wir rufen auf, auch und gerade im reichen und mächtigen Deutschland den Widerstand gegen milliardenteure Aufrüstung und Militarisierung, gegen Kriegshetze und Kriegspolitik zu verstärken!“

Darum: Laßt uns auch weiterhin gegen den Krieg mobilisieren, dann werden wir ihn auch verhindern.

Machen wir aus aus der BRD ein dauerhaft antifaschistisches, freiheitliches Gemeinwesen. Es ist das Vermächtnis des deutschen antifaschistischen Widerstandes.

 


 

Gegen Naziterror, Rassismus und Antisemitismus!

Reden bei der Schlusskundgebung auf dem Münchner Marienplatz:
Martin Löwenberg
26. September 2000

Meine Worte der Begrüßung möchte ich verbinden mit einigen Anmerkungen darüber, was für den Veranstalterkreis wichtige Anliegen der heutigen Kundgebung sind:

Statt „Nie wieder“ heißt es „schon wieder“ seit längerer Zeit. Ähnlich wie während der Nazizeit werden Menschen wegen ihrer Rasse, ihres Glaubens, ihres Aussehens, ihrer politischen Überzeugung, ihrer Andersartigkeit, vertrieben, gejagt, zusammengeschlagen und ermordet. Zahlreiche neonazistische Terrorakte werden seit Jahren von Politik und Massenmedien entweder unterbelichtet oder als Taten „alkoholisierter Einzeltäter“ hingestellt.

Auch in München gibt es bekanntlich schon lange organisierte rechte Aktivitäten und Gewalt. Erfreulicherweise entwickelte sich dagegen eine Gegenwehr antinazistischer und antirassistischer Initiativen und Organisationen, getragen meistens von jüngeren Menschen. Deren Engagement führte bekanntlich auch zu einer Reihe punktueller Erfolge. Ich verweise z.B. auf den 1. März 1997, als tausende Münchnerinnen und Münchner den Naziaufmarsch gegen die Wehrmachtsausstellung stoppten.

Ich erinnere auch an den 8.11.97, wo die NPD-Jugendorganisation ihre angemeldete Kundgebung vor der SPD-Zentrale am Oberanger, mit der Ankündigung, dort eine Fahne der JungsozialistInnen zu verbrennen, nicht durchführen konnten, weil AntifaschistInnen zu einer Gegendemonstration aufgerufen hatten.

Ich nenne aber auch antinazistische Handlungen, die schließlich beitrugen zur Schließung des NPD-Büros in der Holzstraße, sowie des Kommunikationsladens des Neonazis und Auschwitz-Leugners Althans in der Herzog-Heinrich-Straße. Unterstrichen werden muß, daß diese antirassistischen und antinazistischen Aktivitäten häufig von der offiziellen Politik nicht nur als Störung empfunden, sondern oft sogar diffamiert, kriminalisiert und mit dem Stempel „verfassungsfeindlich“ versehen wurden. Ich glaube, ich brauche hier nicht aufzuzählen, wie oft auch in unserer Stadt mit dem Einsatz von Polizeiknüppeln Neonazis der Weg freigemacht wurde, den ihnen Demokraten, Antirassisten und Antinazisten versperrten.

An dieser Stelle möchte ich als Verfolgter und Inhaftierter des NS-Terrorsystems all jenen danken, die den Neonazis und Anhängern offensiv und kämpferisch Paroli geboten haben und bieten, auch mit solchen Aktionsformen wie Behinderung und Verhinderung ihrer Aufmärsche. Sie ließen sich dabei von den Grundsätzen leiten: Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda! Und: Keine Demokratie für die Feinde der Demokratie.

Ein weiteres wichtiges Anliegen des breiten Bündnisses, welches zur heutigen Kundgebung aufgerufen hat, ist, folgende Auffassung deutlich zu machen:

Wirksame Bekämpfung von Naziterror, Rassismus und Antisemitismus erfordert, daß die offizielle Politik nicht länger den Stichwortgeber für rechte Gewalt machen. Dazu zählen für mich „Kinder statt Inder“, was bekanntlich im Mittelpunkt des CDU-Wahlkampfes in Nordrhein-Westfalen stand, aber auch die Aussage von Bundesinnenminister Schily, „Das deutsche Boot ist voll“, was ja bekanntlich auch NPD, DVU und Republikaner wie auch CDU/CSU sagen. Und auch Stoiber, Beckstein und Co. schüren in Bayern Fremdenangst und Ausländerfeindlichkeit.

Ich sage: Wer bisher als geistiger Brandstifter wirkt, dessen Ruf nach der Feuerwehr ist Heuchelei. Denn: Wer Nationalismus und hundsgemeinen Rassismus sät, erntet Naziterror, Rassismus und Antisemitismus.

Rechtsextremismus wirksam bekämpfen verlangt aber auch: ausländerfeindliche Gesetze müssen abgeschafft werden. Erfordert Rechte für alle hier lebenden Menschen. Heißt: Die Abschiebehaft und das Asylbewerberleistungsgesetz gehören endlich auf den Misthaufen. Das Ausländergesetz, das Grundlage der Diskriminierung und Isolierung von Millionen Menschen in Deutschland ist, gehört abgeschafft. Und ich sage: Schluß mit der weiteren Diffamierung antinazistischer und antirassistischer Gruppen und Initiativen. Treten wir gemeinsam und einheitlich auf für ein solidarisches Miteinander statt rassistischer Ausgrenzung.

Nie wieder Faschismus ist kein Lippenbekenntnis, sondern Ansporn und Anlaß zum aktiven Handeln.

 

 

 

 

Martin Löwenberg:
Offener Brief an Jobst Kayser-Eichberg,
Vorstandsvorsitzender der Löwenbräu und Franziskaner-Spaten AG:


München, den 26.6.2000


Sehr geehrter Herr Kayser-Eichberg,

wie Sie wissen, soll am 6./7. Juli vom deutschen Bundestag das Stiftungsgesetz über die Regelung der Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter/innen verabschiedet werden. Als Betroffener und Vorstandsmitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der AntifaschistInnen (VVN/BdA) halte ich die von der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft beabsichtigte Entschädigungsgesetzgebung
in vielen Punkten für völlig unzureichend und ungerecht. Das ist jedoch nicht der Grund für mein Schreiben an Sie.

Der Anlaß ist, daß die Löwenbräu/ Franziskaner-Spaten AG zu den Münchner Unternehmen gehört, die während der NS-Herrschaft Zwangsarbeiter/innen ausgebeutet haben, sich aber bis zum heutigen Tag nicht an dem Entschädigungsfonds beteiligt hat. Es sei noch nichts entschieden und es könne "schon noch eine Weile dauern", erklärten Sie kürzlich in einem Interview mit der 'taz'.

Schockierend für mich ist es, wie Sie in diesem Interview die Opfer öffentlich verhöhnen. "Wer berechtigte Ansprüche hat", sagen Sie, "hätte sich ja melden können". 55 Jahre lang hat Ihr Konzern nichts
getan, um Entschädigung zu leisten und heute sagen Sie, "Betroffene" werde man "kaum noch finden" und es gehe doch nur um "Entschädigung von irgendwelchen Erben".

Am 5. Juli wird im Löwenbräukeller am Stiglmaierplatz eine Veranstaltung zur umstrittenen Entschädigung der Zwangsarbeiter/innen stattfinden, zu der ich als Referent eingeladen wurde. Dort wird natürlich auch der
Einsatz von Zwangsarbeiter/innen bei Münchner Unternehmen - also auch bei Löwenbräu - zur Sprache kommen.

Ich ersuche Sie dringend, bis dahin in Ihrem Konzern eine Entscheidung herbeizuführen, sich mit einer angemessenen Summe am Stiftungsfonds zu beteiligen und mich von dieser Entscheidung rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.

Mit freundlichen Grüßen

Martin Löwenberg